Kleidung - Bauernkleid

Bauernkleid aus ungefärbtem Wollstoff mit seitlicher Schnürung und weiten ÄrmelnDetail des Ärmels mit gerafften Falten am Bund, und Knopfverschluss
Detail der Taille mit seitlicher Schnürung und eingenähten Faltem am seperaten Rockteil
(spätes 15tes Jahrhundert)

Als einer der bedeutensten Neuerungen in der Mode der europäischen Frau tritt im Verlaufe des 15ten Jahrhundert der angesetzte Rockteil ins Licht der Geschichte, der nach 1500 schliesslich zu der Trennung des Kleides in Mieder und Rock führt. Das erste nachweisbare Kleidungsstück mit einer horizontalen Trennung des Tuchs oberhalb und unterhalb der Taille, ist vermutlich der Paltock oder Pourpoint von Charles de Blois, datiert auf ca. 1360. Dieses Männerkleidungsstück weist die erste schneidertechnisch absichtlich eingesetze horizontale Naht auf, die im Folgenden in der Mode des Mannes als angesetzter Schoss am Wams weite Verbreitung erlangt. Jedoch erst im Verlaufe des frühen 15ten Jahrhunderts bringt die Mode der Frau, die Anfang des vorherigen Jahrhunderts das modische Prinzip des schlank und eng geformten Torsos, und des weiten Rockteiles definiert hat, die ersten Darstellungen von vermutlich angesetzten Röcken hervor. Diese Neuerung erlaubt es, den Torsoteil noch weitaus genauer auf den weiblichen Oberkörper anzupassen, und stoffsparend den Rock mit einen grosszügigen, durch eingenähte Falten begünstigten, weiten Fall auszustatten.


Die zunächst modische Neuerung setzt sich im Verlaufe des 15ten Jahrhunderts immer weiter durch, so dass gegen Ende ein guter Teil der auf Gemälden nachzuweisenden Kleider einen seperat angesetzten Rockteil mit eingenähten Falten aufweisen. Dies ist sogar bei Darstellungen im landsässigen Bereich der Fall. Zusätzlich findet man hier, ziemlich sicher durch die Notwendigkeit, die Arme frei bewegen zu können, auch relativ weite Ärmel mit an der Armkugel und am Handgelenk eingenähten Falten, letzteres wird an einer Art Manschette nur mit einem Knopf verschlossen. Ironischerweise mutet gerade diese Kleidform sehr modern an, und nimmt modische Entwicklungen der Renaissance vorweg.

 

Vorlage

Dieses recht modern amutende Kleid wurde auf Basis verschiedener Zeichnungen des sogenannten "Hausbuchmeisters" und des namentlich unbekannten Kupferstechers "BXG" angefertigt, sowie im Vergleich mit Darstellungen u.a. auf Malereien aus Nürnberg und dem gesamten süddeutschen Raum. Es ist aus ungefärbter Wolle gefertigt, und mit ebensolcher vernäht. Der Torso ist mit handgewebtem Leinen gefüttert. Seitlich wird es mit einer Nestel aus resedagefärbter Wolle verschlossen, an den Handgelenken mit einem Knopf. Die Technik für die Anfertigung der Nestel-und Knopflöcher, sowie Knöpfe ist in verschiedenen Fundkomplexen, unter anderem London und Herjolfnes, nachgewiesen, wie auch die Herstellung der Nestelbänder selber.
Verschiedene Darstellungen von Bäuerinnen/einfach gekleideter Frauen
(In unserem Besitz seit 04/2010 / Stand 05.05.2010)
 

Quellangaben

Hausbuchmeister, 15tes JahrhundertDarstellungen der oder des sogenannten "Hausbuchmeisters", benannt nach seiner/ihrer Arbeiten am Hausbuch von Schloss Wolfegg. Genauere Bezeichnung wären "Meister des Amsterdamer Kabinetts", da es sich um vermutlich mehrere Personen handelten, deren Grossteil an Arbeiten sich heute im Amsterdamer Rijksmuseum zu finden sind. Der oder die vor allem am Ober-und Mittelrhein täten Künstler waren mit ihrer Arbeit wegweisend für die spätmittelalterliche Kunst, und gehörten neben Schongauer zu den bedeutensten deutschen Kupferstecher und Zeichner. Wirkungszeitraum ca. 1470-1505. Details siehe Wikipedia.
LondonfundeTextil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
Funde von HerjolfsnesIn dem Fundkomplex bei Herjolfsnes, Grönland, wurden zahlreiche Textilien des Zeitraumes 1300-ca.1420 gefunden, womit es eine der bedeutensten Fundquellen für spätmittelalterliche Textilien darstellt.
Zeichnungen des Meisters BXGZeichnungen des unbekannten Kupferstechers "B X G" (nach seinem Kürzel), vermutlich aus dem Frankfurter Raum, um 1475-85.
 

Empfohlene Literatur


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. Venus und Mars: Das Mittelalterliche Hausbuch aus der Sammlung der Fürsten zu Waldburg Wolfegg .
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Venus und Mars: Das Mittelalterliche Hausbuch aus der Sammlung der Fürsten zu Waldburg Wolfegg
Graf zu Waldburg Wolfegg, Prestel Verlag
Das mittelalterliche Hausbuch stellt mit seinen 63 illustrierten Pergamentblättern mit bürgerlichen und adligen Leben, sowie Illustrationen technischer Geräte, eines der bedeutensten Bildwerke spätmittelalterlicher deutscher Bildkunst dar, und ist eines der besten Quellen für spätmittelalterliche, süddeutsche Mode, insbesondere im Raum Augsburg bis Nürnberg.
379131839 (German)
 

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Vom Leben im späten Mittelalter. Der Hausbuchmeister oder Meister des Amsterdamer Kabinetts
J. P. Filedt Kok, Rijksmuseum Amsterdam
Ausstellungskatalog des Rijksmuseum Amsterdam zur gleichnamigen Ausstellung 1985. Universelles Werk zur Mode im späten 15ten Jahrhundert, insbesondere in Deutschland, sowie dem genannten Meistern des Amsterdamer Kabinetts und anhängiger Kupferstecher und Maler. Absolutes Muss für Darsteller des späten 15ten Jahrhunderts in Deutschland.
66137-92594 (German).
 

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. Dress Accessories, c.1150-c.1450 .
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Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German).
 

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. Textiles and Clothing , C.1150-C.1450 .
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Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German).
 

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. Woven into the Earth: Textiles from Norse Greenland .
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Woven into the Earth: Textiles from Norse Greenland
Else Ostergard, Aarhus Universitetsforlag
Die Neuanalyse der Textilfunde im grönländischen Herjolfnes birgt an sich wenig spektakuläre Neuerungen gegenüber den ursprünglichen von Nordlund, durch die sehr plastischen Fotos der Originalstücke, der beigefügten Schnitte mit Maßen, den Kapitel über Textilverarbeitung in Grönland aber gewinnt das Buch einen ausserordentlichen Reiz für jeden Darsteller mit Interesse an Textilfunden.
8772889357 (German).
 

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