Rüstung und Waffen - Frühe Schwebscheiben

Schwebscheiben aus Stahl mit Fingerschlaufengewebten Nesteln aus pflanzengefärbter Wolle
(ca. 1330 - 1400)
Mit dem verstärkten Einsatz von getriebenen Plattenteilen als Teil des ritterlichen Harnisches tauchten im Verlaufe des ersten Viertels des 14ten Jahrhunderts zunehmend getriebene Platten für die Armgelenke auf. Während in England und Frankreich sich bereits in der ersten Hälfte des 14ten Jahrhunderts stählernes Armzeug mit Ellenbogenbuckel und/oder Stechscheiben etablierten, verliess man sich im deutschen Raum bis zur Jahrhundertmitte primär auf den Ringpanzer., und ging erst in der zweiten Hälfte des Jahrhundert dazu über, komplette Armzeuge zu verwenden, obgleich vereinzelt bei hochrangigen Personen Übergangslösungen aus auf Leder genieteten Stahlstreifen nachzuweisen sind.
Speziell in Deutschland und Frankreich verbreitet waren reine Segmentierte Armschienen, jedoch ohne zusätzliche Ellenbogenbuckel. Diese wurden in den Metrolpolregionen Frankreichs jedoch bald durch modernes Armzeug getauscht, in ärmeren Regionen sind auf Graplatten sogar häufig noch Panzerungen nachweisbar, die sich rein auf den Ringpanzer verlassen. Parallel zur Verbreitung der Armzeuge und Schulter-sowie Ellenbogenpanzerung suchte man nach Möglichkeiten, die empfindliche Armbeuge, die auf Grund der Beweglichkeit nur bedingt gepanzert werden konnte, vor allem gegen Stiche zu schützen.
Dies führte zu dem Einsatz von Schwebscheiben, die in der Panzerung bis ca. 1500 Teil des Harnischs blieben (-> Spätgotische Schwebscheiben).

Auch frühe Formen der Ellenbogenbuckel besaßen zuweilen eine einfache Scheibenform, und im Übergang zu an der Armpanzerung fixierten Gelenkmuscheln wurden oft angenestelte Scheiben benutzt. Im deutschen Raum sucht man diese vergeblich, was vermutlich mit der generellen Altmodischheit der Panzerung zusammenhängt, die dazu führt, dass bis 1400 insbesondere England und Frankreich teilweise mehrere Jahrzehnte in der Entwicklung vorraus waren, was wiederrum vermutlich an dem anwährenden 100jährigen Krieg lag.

Schwebscheiben konnten verschiedene Formen annehmen, wurden oft mit Applikationen aus Messing u.a. versehen, und konvex oder konkav mit mittigen Stachel geformt sein.


Weitere Bestandteile des Harnischs:
Nachfolgetypen späterer Jahrhunderte
 

Vorlage

Diese Stech-oder Schwebscheiben wurden nach verschiedenen Bildquellen und einem Fund aus den Massengräbern der Schlacht von Wisby gefertigt.
Sie bestehen aus getriebenen Stahl und werden mit Nestelbändern aus reseda-und indigogefärbter Wolle an den Harnisch genestelt, die mit Spitzen aus Messing versehen sind, wie sie z.B. im Hafenbecken von London gefunden wurden.

Verschiedene Grabplatten England, Frankreich und Belgien, Mitte 14tes Jahrhundert
(In unserem Besitz seit 02/2006 / Stand 24.07.2019)
 

Quellangaben

Grabplatte von Willem WenemaerGrabplatte von Willem Wenemaer, gestorben 1325, Oudheidkundig Museum van de Bijloke, Gent
Grabplatte von Rigaes de ThysGrabplatte von Rigaes de Thys Crisnée, Region von Liège, Flandern, gestorben 1349
Nestelspitzen aus LondonNestelspitzen aus Ausgrabungen in London
LondonfundeTextil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
AlexanderromanDer Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern (aus der Hand des flämischen Illustrators Jehan de Grise und seiner Werkstatt) entstanden, enthält Verse in französischem (picardischen) Dialekt und (ab 1400) Englisch über "Romance of the Good King Alexande" (über Alexander den Grossen), sowie illustrierte Berichte über die Reisen Marco Polos. Es stellt eine hervorragende Quelle für französische Mode um die Mitte- genauer der ersten Hälfte der 40ger Jahre- des 14ten Jahrhunderts dar.
Grabplatte Sir Hugh HastingsGrabplatte des Sir Hugh Hastings, gestorben 1347, England
Metallfunde der Schlacht von WisbyIn dem ca. 1360 ausgehobenen Massengrab der Schlacht der Gotländer Bürger gegen die dänischen Truppen bei Wisby wurden eine Reihe von Metallfunden, Rüstungsteile, Waffen und Sporen gefunden
 

Empfohlene Literatur


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. Dress Accessories, c.1150-c.1450 .
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Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German).
 

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. Textiles and Clothing , C.1150-C.1450 .
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Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German).
 

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. English Medieval Knight 1300-1400 .
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English Medieval Knight 1300-1400
Christopher Gravett, Graham Turner (Illustrator), Osprey Publishing
DiesesBuch aus der "Warrior" Serie von Osprey nimmt sicherlich einen der vorderen Plätze ein, was Qualität betrifft, und ist ein Muss für jeden, der sich mit dem englischen Heereswesen im Mittelalter, oder der betreffenden Epoche beschäftigt. Insbesondere bemerkenswert ist die hohe Zahl an Abzeichnungen englischer Grabplatten mit hoher Genauigkeit, und die sehr reich ausgeführten Farbbilder.
1841761451 (German).
 

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. Armour from the Battle of Wisby 1361 .
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Armour from the Battle of Wisby 1361
Bengt Thordeman, Brian R. Price, hivalery Bookshelf
Im Jahre 1361 legten die Schiffe des dänischen Königs Waldemar an den Küsten der Insel Gotlands an, einer dem Schwedischen Königreich in Vasallentreue zugetane, fast unabhängige Republik von Bauern und Bürgern. Vor den Toren der größten Stadt und gleichzeitig wichtigen Handelszentrum versuchte eine schnell aufgestellte, kämpferisch völlig unerfahrene Armee von 2000 Bürgern, Bauern und Knechten, Armen wie Reichen, halben Kindern wie Greisen, Gesunden wie Verkrüppelnden der zahlenmäßig und technisch überlegenen Armee des dänischen Königs Einhalt zu gebieten - und scheiterte. 1800 Menschen wurden nahezu dahingeschlachtet und in schnell ausgehobenen Massengräbern beerdigt. In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts leitete Bengt Thordeman die Ausgrabungen, und übergab der Welt des Vermächnis der Toten: über 20 frühe Plattenpanzer aus dem 14. Jahrhundert, Handschuhe, Ringelpanzer und viele andere Gegenstände aus den Gräbern, zusammen mit einer detaillierten Analyse der Verletzungen der Toten, die von dem Grauen der Schlacht und der Wirkung mittelalerlicher Waffen erzählen. Dieses Buch muss man besitzen. Nicht nur als Darsteller mit Interesse an mittelalterlichen Waffen und Rüstungen, nicht nur als Darsteller des 14. Jahrhunderts, sondern auch um einen kleinen Eindruck von dem Leid in der Schlacht, jenseits von Hollywood zu erlangen.
891448056 (German).
 

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