Kleidung - Bestickte Gugel mit Blätterzaddeln

Gugel aus indigogefärbten Wollstoff, mit krappgefärbtem Tuch gefütter, Zierstickerei und Zaddeln
Detail der Zierstickerei aus pflanzengefärbtem WollgarnDetail der geschnittenen Zaddeln in Blattform, mit Zierstickerei aus pflanzengefärbtem Wollgarn
(1340 - 1400)
Bereits im 13ten Jahrhundert erfährt eine Mode langsam eine Renaissance, die bereits Jahrhunderte zuvor Einzug gehalten hatte, und schliesslich im 14ten Jahrhundert über die Grenzen Frankreichs hinweg sich grosser Beliebtheit erfreute: die Säume der Kleidung werden in runde, später blättrige und komplizierte Muster geschnittern, sie wird "gezaddelt". Diese Art von Mode lässt sich bereits z.B. in der Morganbibel um 1250-60 in Frankreich beobachten, in Handschriften und Berichten der Jahrhundertmitte des darauffolgenden Jahrhunderts jedoch vielfach verstärkt. Besondere Beliebtheit erfreuen sich die Zaddeln an der Gugel.

Die Gugel, auch Kagel genannt, ist eine Kapuze mit teils angesetztem, verschieden langen Kragen, die sich ab der frühen Hochgotik zunehmend nachweisen lässt. Ähnlich wie die Cappa geht ihre Form möglicherweise auf antike Vorbilder zurück.
Ihr Schnitt ändert sich je nach Mode und Gebrauch im Laufe der Jahrhunderte von Region zu Region, wobei Trageweise, Länge des Zipfels ( Sendelbinde ) und Kragens variieren.

Im Verlaufe des 14ten Jahrhunderts wird die Gugel bei Männern zum modischen Accessoir, dass zu jeder Zeit getragen wird. Abbildungen aus der Mitte des 14ten Jahrhunderts zeigen Männer mit Gugeln mit langem Zipfel, der im Rücken hinter den Gürtel gesteckt wird. Typischerweise wurde die Gugel am Kragen mit einer Zirstickerei oder -Applikation versehen (vergl. Gugel mit Lilienapplizierungen ).

Bereits um die Jahrhundertwende lässt sich zudem die Mode beobachten, dass die Gugel mit dem Kopfloch vorran auf den Kopf gesetzt, und der Kragen lose über den Kopf gelegt wird. Diese Form der Kopfbedeckung führt zur Entwicklung eines eigenständigen Hutes, dem Chaparon.
 

Vorlage

Die Gugel wurde aus inidgogefärbtem Wolltuch gefertigt, und mit indigogefärbten Garn vernäht. Sie ist mit krappgefärbtem Kammgarntuch gefüttert, das mit Seide vernäht wurde. Der Saum, der in Blattform geschnitten wurden, ist mit einer Zierstickerei aus mit Krapp und Resda gefärbter, sowie gebleichter Wolle versehen. Das Ende der Liripipe ist mit 3 Glöckchen aus Messing versehen, die nach Befunden aus London gefertigt wurden.

Also Vorlage für diese Gugel dienten neben den Befunden aus Herjolfness, Grönland, sowie London, zahlreiche Darstellungen insbesondere aus dem flämischen und französischen Raum. Die Stickerei, bestehend aus parallel verlaufenden Linien mit Punkten und Kreisen dazwischen, ist typisch für eine große Anzahl im französisch-sprachigen Raum anzutreffenden Darstellungen.
Ausschnitte aus verschiedenen Handschriften des französischsprachigen Raumes um 1340-60
(In unserem Besitz seit 01/2008 / Stand 26.11.2009)
 

Quellangaben

BNF Fr 12, Lancelot du LacBNF Fr 12, Lancelot du Lac, Frankreich, 1350-60
MS. 1029MS. 1029, Bibl. Sainte-Geneviève, Paris, 1350
Funde von HerjolfsnesIn dem Fundkomplex bei Herjolfsnes, Grönland, wurden zahlreiche Textilien des Zeitraumes 1300-ca.1420 gefunden, womit es eine der bedeutensten Fundquellen für spätmittelalterliche Textilien darstellt.
LondonfundeTextil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
AlexanderromanDer Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern (aus der Hand des flämischen Illustrators Jehan de Grise und seiner Werkstatt) entstanden, enthält Verse in französischem (picardischen) Dialekt und (ab 1400) Englisch über "Romance of the Good King Alexande" (über Alexander den Grossen), sowie illustrierte Berichte über die Reisen Marco Polos. Es stellt eine hervorragende Quelle für französische Mode um die Mitte- genauer der ersten Hälfte der 40ger Jahre- des 14ten Jahrhunderts dar.
Roman de la RoseHandschrift des französischen Roman de la Rose (ab 13.Jhd, Hier: Folianten um 1350-60). Der Roman de la Rose ist ein Versroman mit zentralem Minnethema und eines der wichtigsten Werke der französischen Literatur des Mittelalters. Er ist in zahlreichen Manuscripten von 1250 bis 1500 erhalten, und wurde auch später noch gedruckt. Damit hatte er einen massiven Einfluss auf die französische Literatur. Die zahlreichen Miniaturen der einzelnen Manuskripte machen diese zu einer hevorragenden ikonographischen Quelle des französischen Mittelalters. Mehr unter Wikipedia
Manuscript der Morganlibrary MS G. 24MS G. 24 der Morganlibrary, Frankreich, 1350-60.
 

Empfohlene Literatur


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. Woven into the Earth: Textiles from Norse Greenland .
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Woven into the Earth: Textiles from Norse Greenland
Else Ostergard, Aarhus Universitetsforlag
Die Neuanalyse der Textilfunde im grönländischen Herjolfnes birgt an sich wenig spektakuläre Neuerungen gegenüber den ursprünglichen von Nordlund, durch die sehr plastischen Fotos der Originalstücke, der beigefügten Schnitte mit Maßen, den Kapitel über Textilverarbeitung in Grönland aber gewinnt das Buch einen ausserordentlichen Reiz für jeden Darsteller mit Interesse an Textilfunden.
8772889357 (German).
 

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. Dress Accessories, c.1150-c.1450 .
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Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German).
 

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. Textiles and Clothing , C.1150-C.1450 .
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Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German).
 

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