Kleidung - Schecke

Schecke nach Vorlagen aus Süddeutschland aus Reseda-Indigogefärbter Wolle, mit weissem Leinenfutter
(spätes 15tes Jahrhundert)
Während im 13ten und frühen 14ten Jahrhundert in der Männermode der Kittel dominiert, wandelt sich das Bild um die Mitte des 14ten Jahrhunderts. Die nunmehr kürzere, körperbetonte Mode lässt das Wams des Mannes entstehen, das bis in das 15te Jahrhundert, und darüber hinaus, fester Bestandteil der Mode des Mannes bleiben wird ( Wams und Hose). Darüber werden eine Reihe von Kleidungsstücken getragen, die, zunächst ebenfalls sehr körperbetont, dann wieder eng, in der Form variieren. Ende des 15ten Jahrhunderts präsentiert sich die Oberbekleidung des mitteleuropäischen Mannes in sehr unterschiedlichen Ausführungen, bis 1500 jedoch bleibt das Wams bei repräsentativen Anlässen scheinbar eher durch ein weiteres Kleidungsstück verdeckt. Kleiderordnungen demonstrieren deutlich, dass es, ausser in Ausnahmen, unüblich war, Wams und Hose offen zu tragen, und diese im Normalfalle mit einem Rock bedeckt waren:
"...das hinfüro eyn ydes mannsspilde,burger oder inwoner dieser statt,seinen latz an den hosen nyt bloss, unbedeckt, offenn oder sichtigelich tragen..." (Auszug aus der Nürnberger Polizeiordnung "von den hosen letzen", Polizeiordnung Nürnbergs im 15ten Jahrhundert)

Diese Kittel, Jacken, Röcke, Juppen oder auch Schecken können verschiedene Schnitte und Formen annehmen, besonders modisch tritt jedoch gegen Mitte des Jahrhunderts der Schnitt mit in der Körpermittel strahlenförmig nach aussen verlaufenden, zunächst gelegten Falten zu Tage, eine Mode, wie sie auch in die Rüstung übernommen wird. Später werden diese Falten auch vernäht, und schliesslich sogar auf einen kleinen, gefältelten, eingesetzten Keil reduziert.
Ebenfalls modisch ist insbesondere in Bildquellen in der Tradition des Hausbuchmeisters der weite, lange Ärmel, der zurückgekrempelt wird, sowie die offene Trageweise, die die Schecke nur durch eine Nestel am Hals, sowie den Gürtel zusammengehalten werden lässt.
Die Länge variiert ebenso, so kann die Schecke bis zum Schritt reichen, eine besonders stutzerhafte Mode, aber auch bis zum Knie. Viele Städte, so auch Nürnberg, regelmentieren auch die Länge des Rockes: "...doch nit kürtzer, dann das sie forderlich zwen zwerch finger über den latz und scham raychen und treffen sollen...".
Weitere Varianten der Oberbekleidung sind z.B. auch das Leibchen , das vermutlich dann getragen wurde, wenn die Schecke eher hinderlich gewesen wäre, oder es zu warm war, oder als zusätzlicher Kälteschutz unter der Schecke.
 

Vorlage

Diese Schecke wurde nach einer ganzen Reihe von Darstellungen des späten 15ten Jahrhunderts angefertigt, primär, aber nicht nur, aus dem süddeutschen Raum mit Fokus auf Franken bzw. Nürnberg.

Sie besteht aus mit Reseda und Indigo grün gefärbter Wolle, und ist mit weissem Leinen gefüttert. Am Hals wird sie mit einer Nestelschnur aus Wolle, die teilweise mit Krapp gefärbt wurde, verschlossen.
Der Oberstoff wurde mit ebenfalls mit Reseda und Indigo grün gefärbter Wolle vernäht, das Innenfutter mit weissem Leinengarn.
Schecken im Wolfegger Hausbuch, ca. 1475-80
(In unserem Besitz seit 05/2007 / Stand 09.11.2010)
 

Quellangaben

Kupferstiche des Israhel van Meckenem (des Jüngeren)Israhel van Meckenem war ein Schüler des Meister E.S. und ein bedeutender Kupferstecher der späten Gotik
Cod.Pal.germ.345Cod.Pal.germ.345 "Lohengrin" "und Friedrich von Schwaben" aus der werkstatt des Ludwig Henfflin (Stuttgart um 1470)
Nürnberger Kleiderordnung des 15ten JahrhundertsAuszüge aus der Nürnberger Kleiderordnung des 15ten Jahrhunderts
Gothaer Codex von Meister Hans TalhofferSogenannter zweiter Gothaer Codex von Meister Hans Talhoffer, datiert ca. 1467. Handschrift mit zahlreichen Abbildungen zum Fechten mit dem langen Schwert, Ringen, Duellkampftechnik, Dolchkampf etc. Bedeutendes Werk in der Tradition Johannes Liechtenauers (zweite Hälfte 14tes Jahrhundert). Ohne dessen Lehre jedoch nicht interpretierbar. Hervorragende Bildquelle für süddeutsche Kleidung und Rüstung 1460-70. Talhoffer brachte eine ganze Reihe von Werken zum Fechten und Kampf heraus, merh bei Wikipedia.
Wolfegger HausbuchHausbuch des Fürsten von Waldburg-Wolfegg, ca. 1475-85, auch "Wolfegger Hausbuch". Eine der bedeutensten Quellen für spätmittelalterliche, süddeutsche Mode.
Hausbuchmeister, 15tes JahrhundertDarstellungen der oder des sogenannten "Hausbuchmeisters", benannt nach seiner/ihrer Arbeiten am Hausbuch von Schloss Wolfegg. Genauere Bezeichnung wären "Meister des Amsterdamer Kabinetts", da es sich um vermutlich mehrere Personen handelten, deren Grossteil an Arbeiten sich heute im Amsterdamer Rijksmuseum zu finden sind. Der oder die vor allem am Ober-und Mittelrhein täten Künstler waren mit ihrer Arbeit wegweisend für die spätmittelalterliche Kunst, und gehörten neben Schongauer zu den bedeutensten deutschen Kupferstecher und Zeichner. Wirkungszeitraum ca. 1470-1505. Details siehe Wikipedia.
Spätmittelalterliche Gemälde aus NürnbergVerschiedene Gemälde aus Nürnberg (Nürnberger Lorenzkirche, Germanisches Nationalmuseum), aus dem Zeitraum 1380-1500.
 

Empfohlene Literatur


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. Talhoffers Fechtbuch. Gerichtliche und andere Zweikämpfe darstellend .
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Talhoffers Fechtbuch. Gerichtliche und andere Zweikämpfe darstellend
Hans Talhoffer , Gustav Hergsell, VS Books
Das schon berühmt- berüchtigte Buch bringt den zweiten Gothaer Codex von Hans Talhoffer in schwarz-weiss Bildern heraus, und gibt ihn mit einem mehr oder weniger fachkundigen Vorwort dem Leser als Mittel an die Hand, etwas über das spätmittewlalterliche Fechten zu lernen. Bedauerlicherweise ist dies allein mit diesem Werk unmöglich. Hans Talhoffer, in der zweiten Hälfte des 15ten Jahrhunderts wirkend, stand in der Tradition der Lehre Johannes Liechtenauers (zweite Hälfte 14tes Jahrhundert), und ohne dessen Lehre zu kennen, ist die Interpretation der oftmals mitten in der Bewegung eingefrorenen Figuren unmöglich. Dennoch bietet das Buch eine schöne, wenn auch farblose, Darstellung spätmittelalterliche süddeutscher Mode und Rüstung.
3932077032 (German).
 

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. Venus und Mars: Das Mittelalterliche Hausbuch aus der Sammlung der Fürsten zu Waldburg Wolfegg .
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Venus und Mars: Das Mittelalterliche Hausbuch aus der Sammlung der Fürsten zu Waldburg Wolfegg
Graf zu Waldburg Wolfegg, Prestel Verlag
Das mittelalterliche Hausbuch stellt mit seinen 63 illustrierten Pergamentblättern mit bürgerlichen und adligen Leben, sowie Illustrationen technischer Geräte, eines der bedeutensten Bildwerke spätmittelalterlicher deutscher Bildkunst dar, und ist eines der besten Quellen für spätmittelalterliche, süddeutsche Mode, insbesondere im Raum Augsburg bis Nürnberg.
379131839 (German)
 

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Vom Leben im späten Mittelalter. Der Hausbuchmeister oder Meister des Amsterdamer Kabinetts
J. P. Filedt Kok, Rijksmuseum Amsterdam
Ausstellungskatalog des Rijksmuseum Amsterdam zur gleichnamigen Ausstellung 1985. Universelles Werk zur Mode im späten 15ten Jahrhundert, insbesondere in Deutschland, sowie dem genannten Meistern des Amsterdamer Kabinetts und anhängiger Kupferstecher und Maler. Absolutes Muss für Darsteller des späten 15ten Jahrhunderts in Deutschland.
66137-92594 (German).
 

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