Lager und Einrichtung - Talghängelampe

Hängelampe aus Keramik mit Talgfüllung
(ca. Ende 12tes - 15. Jhd)
Betrachtet man den Begriff des "dunklen" Mittelalters, ist man unnwillkührlich versucht, die Lebensumstände an heutigen Maßstäben zu messen, die dank frei verfügbarer, und erschwinglicher Elektrizität in westlichen Ländern die Möglichkeiten bieten, allseits "die Nacht zum Tag" zu machen. In ärmeren Ländern der Welt sieht dies noch anders aus, und sogar die Grosseltern der heutigen Generation wissen noch um die Tatsache, dass in ländlichen Gegenden man mit den Hühnern aufstand, und auch mit ihnen schlafenging: so auch im Mittelalter.
Tatsächlich standen dem mittelalterlichen Menschen durchaus genügend Möglichkeiten frei, Licht zu schaffen, gleichwohl waren sie nicht alle erschwinglich: "Luxus" kommt vom lateinischen "Lux" für das Licht, und so waren die hellen, ertragreichen Wachskerzen bis in das späte Mittelalter noch so immens teuer, dass sie eine grosszügige Spende für Kirchen bedeuteten. Insbesondere die hellen, neuen Bienenwachskerzen, in Abstufung dazu schmutzigere, als gebrauchtem Wachs, dann die billigen Fett-oder Talgkerzen, über das Talglicht, das ebenfalls aus Rinder-oder Schweinetalg bestand, und auch oft fälschlicherweise "Öllampe" genannt wurd, bis zum einfachen, flackrigen Kienspan.
Das Talglicht nun, das in verschiedenen Formen als Talglicht mit Fuß, als kleine Schale, oder auch als Hängelampe vorkommt, war selbst ein bisschen Luxus: schliesslich verbranne man hier etwas, das auch Nahrung sein konnte.
Dennoch ist es quasi das "Alltagslicht" des Mittelalters: KeramischeTalgschalen sind im Fund Begleiter durch alle Fundkomplexe Europas, die getragenen (vor allem bei Darstellungen der klugen udn törichten Jungfrauen) und hängenden Lampen sind in sehr vielene Ausführungen zu finden, bis hin zur Gläsernen Edelvariante.
 

Vorlage

Die vorliegende Hängelampe und die Aufhängung wurde u.a. auf Basis von Funden aus England hergestellt.
Sie ist aus einem hellen, mittelfein gemagerten, hart gebrannten Ton hergestellt.
Darüber hinaus wurden zahlreiche Varianten rekonstruiert.
Als Vergleich wurden zahlreiche Darstellungen in Handschriften und auf Gemälden des 13ten bis 15ten Jahrhunderts herangezogen, dazu Vergleichsfunde aus verschiedenen Teilen Europas.

Auszug aus den Vorlagen (Legende für Bild rechts):
  1. Gemälde St. Florian und St. Vitus, Gemäldesammlung Benedektinerstift Seitenstetten, Österreich, ca. 1490-1505
  2. Große Heidelberger Liederhandschrift, 1305-40
  3. Speculum Humanae Salvationis, Österreichische Nationalbibliothek Sn 2616, Folio 29r, 1330-40
  4. Fund von eiserner Lampenaufhängung, London, 14tes Jahrhundert
  5. BNF NAF 1098, fol. 55v
  6. Das Leben des Heiligen Denis, Bibliothèque Nationale, Paris, ca. 1250
  7. Giotto di Bondone, Basilika Assise: Das Leben des Heiligen Fanzisis: Überprüfung der Stigmata, frühes 14tes Jahrhundert
  8. Kreuzfahrerbibel, Paris, 1250-60
  9. Hängelampenfund, Keramik, London, 14tes Jahrhundert


Insgesamt lässt sich feststellen, dass diese Form der Hängelampe in verschiedenen Ausführungen bis in die frühe Neuzeit in Gebrauch war.
Verschiedene Vorlagen für Hängelampen (siehe Legende)
(In unserem Besitz seit 01/2003 / Stand 26.11.2009)
 

Quellangaben

Fresko in der Basilique in AssiseGiotto di Bondone, Basilique Assise: Das Leben des Heiligen Fanzisis: Überprüfung der Stigmata, frühes 14tes Jahrhundert
Das Leben des Heiligen Denis, 1250Das Leben des Heiligen Denis, Bibliothèque Nationale, Paris, ca. 1250
Folio 55v der BNF 1098BNF NAF 1098, fol. 55v
Speculum Humanae SalvationisFolio 29r des Speculum Humanae Salvationis im Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek, Bestandsnr. 2616, datiert ca. 1330-40
Gemälde St. Florian und St. Vitus, um 1500Gemälde St. Florian und St. Vitus, Gemäldesammlung Benedektinerstift Seitenstetten, Österreich, ca. 1490-1505
KreuzfahrerbibelDie Kreuzfahrer, oder Maciejowski-Bibel, datiert auf ca. 1244-1254, wurde vermutlich von Ludwig "dem Heiligen" IX. von Frankreich (1214-1270) in Auftrag gegeben und im Pariser Raum angefertigt. Sie stellt ein wichtiges Zeugnis der bildlichen Darstellung von Mode und Sachkultur in Frankreich Mitte des 13ten Jahrhunderts dar.
LondonfundeTextil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
Heidelberger LiederhandschriftDie Grosse Heidelberger Liederhandschrift, auch genannt "Codex Manesse", oder Pariser Handschrift stellt die bedeutenste und berühmteste Quelle deutscher Dichtkunst des ausgehenden Mittelalters dar. Ca. im Zeitraum 1305-1340 (inklusive Nachtragsmaler) entstanden, zeigt sie in den insgesamt 138 Miniaturen ausserdem historisierend Mode des ausgehenden 13ten Jahrhunderts, sowie Mode der ersten Hälfte des 14ten Jahrhunderts.
 

Empfohlene Literatur


. . .
. Dress Accessories, c.1150-c.1450 .
. .
. .
. . .
Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German).
 

. . .
. Textiles and Clothing , C.1150-C.1450 .
. .
. .
. . .
Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German).
 

. . .
. Codex Manesse .
. .
. .
. . .
Codex Manesse
Ingo F. Walther, Insel, Frankfurt
Die große Heidelbergerliederhandschrift, auch "Codex Manesse" genannt, entstand im Zeitraum 1305-1340 und ist eine der bedeutensten Lyriksammlungen der deutschen Geschichte. In diesem Buch werden nicht nur die Farbtafeln in guter Qualität abgedruckt, sondern auch deren Inhalt und Bedeutung analysiert. Die Lieder selbst sind nicht Gegenstand des Buches.
3458143858 (German).
 

<< Zurück zu anderen Gegenständen in dieser Kategorie