Rüstung und Waffen - Beckenhaube mit Nasal

Beckenhaube mit abschlagbaren Nasal mit Drehknebel und Ringelpanzerkragen
Detail der Kloben aus Messingbronze und der Befestigung des RingelpanzerkragensDetail des Drehknebels für das abschlagbare Nasal
(1345-1400)
Die Beckenhaube entwickelte sich aus der nur den oberen Teil des Schädels umschließenden "Hirnhaube", die als Verstärkung unter dem Topfhelm und später dem Kübelhelm getragen getragen wurde.
Sie gewann im Verlaufe des 1.-2. Viertels des 14ten Jahrhunderts beständig an Größe und wurde mit einem Kragen aus Ringelpanzergeflecht ergänzt, der den Hals schützte.
Während bis zur Mitte des 14ten Jahrhunderts über der Beckenhaube öfters noch ein Kübelhelm getragen wurde, beschränkte sich dessen Gebrauch mehr und mehr primär auf das zivile Turnier.
Da die Beckenhaube ob der besseren Belüftung und des besseren Sichtfeldes von Reitern nun auch im Gefecht ohne Kübelhelm darüber getragen wurde, ging man dazu über, diese zunächst mit abschlagbaren Nasalen - wie in diesem Falle - oder später mit aufklappbaren Visieren zu versehen (-> Beckenhaube mit Klappvisier).



Weitere Bestandteile des Harnischs in diesen Zeitrahmen

Nachfolgetypen späterer Jahrhunderte

 

Vorlage

Das vorliegende Exemplar wurde nach verschiedenen Vorlagen, wie etwa der Grabplatte von Herzog Berthold von Zähringen, datiert auf 1350, in Freiburg, und einem Original aus dem Karlsruher Schlossmuseum angefertigt.

Das Innenfutter aus gefüttertem, und abgesteppten Leinen wurde nach Vorlagen aus der Rüstkammer Churburg hergestellt.
Freiburg, Münster, Grabplatte des Herzogs Berthold von Zähringen, 1350
(In unserem Besitz seit 05/2003 / Stand 25.05.2010)
 

Quellangaben

Grabplatte von Heinrich von Seinsheim, ca. 1345 Grabplatte von Heinrich von Seinsheim, ca. 1345Grabplatte von Heinrich von Seinsheim, ca. 1345. Hainert-Marienburghausen, ehemalige Zisterzienserinnen Klosterkirche Johannes der Täufer
Grabplatte von Wilhelm von Bopfingen Grabplatte von Wilhelm von BopfingenDie Grabplatte befindet sich in der evangelischen Pfarrkirche von Bopfingen und wird auf 1359 datiert. Auffällig ist die realtiv altmodische Rüstung, die aus Plattenrock, Ringpanzer, Armschienen, Panzerhandschuhen, Beckenhaube, Kniebuckeln und Beinschienen besteht, letztere Über Ringpanzerbeinlingen, die Kniebuckel in bereits ausgeprägter Form. Diese Art der Rüstung ist im deutschen Raum noch bis ca. 1370 anzutreffen, wird aber zunehmend durch tailliertere Torsopanzer und komplette Beinzeuge ersetzt.
Grabplatte des Albrecht von Hohenlohe Grabplatte des Albrecht von HohenloheDie Grabplatte des Albrecht von Hohenlohe Möckmühl zeigt den 1338 vestorbenen Ritter mit relativ moderner Rüstung, ellenbogenlangem Ringelpanzer, Segmentarmschienen an den Unterarmen sowie Plattenhandschuhen mit aussenliegenden Platten und getriebenen Fingerknöchelbuckeln. Erwähnenswert ist der Schuppenpanzer, der gegen Mitte des 14ten Jahrhunderts zunehmend aus der Mode kommt, vermutlich durch modernere Varianten des Plattenrockes abgelösst. Ihm gegenüber stehen die modernen Handschuhe mit großen, getriebenen, aussenliegenden Platten. Wie bei deutschen Rittern vor 1350 noch sehr typisch, trägt er keine Beinschienen.
Grabplatte des Sir Oliver Ingham Grabplatte des Sir Oliver InghamPanzerhandschuhe auf der Grabplatte des Sir Oliver Ingham, bestorben 1343, Suffolk
Grabplatte Gunther von Schwarzburgs Grabplatte Gunther von SchwarzburgsGrabplatte des deutschen Gegenkönigs Gunther von Schwarzburg, gestorben 1347, im Dom zu Frankfurt/Main
Grabplatte des Grafen Otto VI. von Orlamünde-Weimar Grabplatte des Grafen Otto VI. von Orlamünde-WeimarDer um 1340 entstandene Epitaph des Grafen Otto VI. von Orlamünde-Weimar in der Stiftskirche des oberfränkischen Klosters Himmelkron zeigt den letzten, auf der Plassenburg residierenden thüringischen Grafen in typischer Rüstung um 1340, mit ellenbogenlangen Ringelpanzer, über einen Aketon, darüber einen Plattenrock, Segmentarmschienen an den Unterarmen, Beckenhaube und Plattenhandschuhen mit aussenliegenden Platten, und getriebener Stulpe. Er trägt weiterhin einen der zu dieser Zeit modern werdenden breiten Gürtel, sowie eine neumodische Tartsche mit Lanzenruh.
 

Empfohlene Literatur


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. Kleidung und Waffen der Spätgotik I. .
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Kleidung und Waffen der Spätgotik I.
Ulrich Lehnart, Karfunkel Verlag
Detailliertes Werk über die Bekleidung und Bewaffnung des frühen Spätmittelalters. Schöne Farbtafeln und Analyse der dahinterstehenden Quellen. Trotz einiger Fehldatierungen, spekulativen Thesen ein guter Einstieg für Anfänger des beschriebenen Zeitraumes. Der Autor geht insbesondere auf regionale Entwicklungen der Wehrtechnik ein.
3-9805642-8-2 (German).
 

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