Küche und Haushalt - Löffel Kühnertsgasse

Löffel nach einem Fund aus der Kühnertsgasse 18-22 in Nürnberg
RückseiteSeitenansicht
(um 1443, und später)
Wie kaum ein anderes Stück Alltagskultur, war der Löffel des mittelalterlichen Menschen persönliches Besitztum. Anders als heute, wo das Geschirr in grosser Zahl und Ausführung Nutzgegenstand ohne persönlichen Bezug darstellt, lag es durchaus im üblichen Rahmen, dass der Gast zur Tafel sein eigenes Besteck, lange Zeit nur bestehend aus eben jenem Löffel und dem Ess- oder Gebrauchsmesser, mitbrachte.
Dies führte dazu, dass dies sogar in ein heute noch geläufiges Sprichwort Einzug hielt: "den Löffel abgeben"; als quasi endgültiges Loslassen von irdischen Gütern im Rahmen des Todes.

Mittelalterliche Löffel sind im Fundgut in verschiedener Form präsent: langstilige Löffel, die als Kochlöffel interpretiert werden, Löffel mit stark geschwungenem Griff und langovaler, stark bauchiger Laffe, die als Schöpflöffel benutzt sein worden könnten, sowie eine Reihe von Funden, die dem persönlichen Gebrauch beim Essen zugeschrieben werden.
Der hier vorliegende Löffel gehört der typisch spätmittelalterlichen Formengebenung an, deren Zeitrahmen sich grob vom 2. Viertel des 15ten bis in das 16te Jahrhundert einordnen lässt. Er besitzt einen kurzen, leicht gebogenen Stil mit facettiert geschnitztem, grob rundovalen Querschnitt und flachem Ende, und eine breite, noch relativ langgestreckte Laffe in Tropfenform. Ähnliche Löffel sind unter anderem in dem nahe Nürnberg gelegenen Bad Windsheim (-> Löffel mit Schnitzverzierung, Löffel ) gefunden worden, und können bisweilen stark verziert sein (-> Löffel mit Schnitzverzierung,Löffel mit Silberverzierung ). Auch im näheren Umkreis (Frontenhausen bei Landshut) und in andern Städten Süddeutschlands (Regensburg) wurden Löffel dieses Typs im Umfeld einer Datierung um 1500 geborgen.
Frühere Formen präsentieren sich im Übergang mit ovaler bis kreisrunder Laffe, aber geradem Übergang am Stil, zu dieser Gruppe gehören unter anderem evermutlich in Fundfragment aus Freiberg/Sachsen, sowie Funde aus der Altdstadt in Dresden (Altmarkt, Ostseite, Grube 4, sowie Töpfergasse), Krems an der Donau und Magdeburg. Auch im Bad Windsheimer Fundkomplex ist ein solcher einmal vertreten (HG12410), die überwiegende Anzahl entspricht aber der späteren Form.
 

Vorlage

Dieser Löffel wurde auf Basis eines Fundes aus der Kühnertsgasse 18-22 in Nürnberg angefertigt. Der in einer Gefachverfüllung mit zahlreichen Holz- und Ledergegenständen geborgene Löffel wird auf Grund baulicher Umstände um das Jahr 1434 datiert, jedoch lässt die Art der Befüllung auch eine spätere Datierung offen. Er stellt in seiner Art einen relativ frühen Vertreter dieser spätmittelalterlichen Löffelform dar.
Die Holzart des Originals lässt sich leider nicht eindeutig festlegen, da keine Holzanalyse vorliegt.
Durch das Verhältnis Früh-zu Spätholz in den Jahresringen der Maserung ist Nadelholz als Material möglich, auch wenn dies für Löffel eigentlich atypisch ist, die vorliegende Rekonstruktion ist in Fichte ausgeführt. Typisch für Löffel wäre auch Ahorn, auch wenn sich dessen Ringbildung nur schwer mit dem gegenwärtigen Zustand des Fundes vereinbaren lässt.
(-> Rekonstruktion aus Ahorn, überarbeitete Arbeit von Fred Marschall durch die mit uns befreundete Gruppe "Nürnberg 1380-1400" )

Aus veröffentlichungsrechtlichen Gründen können wir leider kein Bild des Originals bereitstellen. Der Löffel befindet sich derzeit im Inventar des Naturhistorischen Museums in Nürnberg.

Eine Arbeit von Fred Marschall.

(In unserem Besitz seit 02/2010 / Stand 14.02.2010)
 

Quellangaben

Spätmittelalterliche Funde aus dem Spital in Bad WindsheimFunde aus dem Spital in Bad Windsheim, Franken, nahe Nürnberg. Schuhe, Keramik, Holzfunde, Glas usw., datiert auf das späte Mittelalter.
Funde Kühnertsgasse, NürnbergFunde aus einer Befüllung einer zugemauerten Tür, Kühnertsgasse, Nürnberg. Baugeschichtlich und dendrochronologisch auf 1434 datiert. Unter anderem Löffel, kurzer Stil, Holzart nicht bestimmt, spitzovale Laffe mit insgesamt tropfenartiger Form, factettierte Bearbeitung am spitzen Übergang der Laffe in den Stil. Seitlich erkennbare S-Kurvenform durch Biegung im Stil nach unten. Maserung zur Spitze in der Laffe. Gesamtlänger ca. 12cm, Laffenbreite etwas über 5.
 

Empfohlene Literatur


. . .
. .
. .
. .
. . .
Der Windsheimer Spitalfund aus der Zeit um 1500
Walter Janssen, Verlag des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg
Beschreibung des spätmittelalterlichen Fundkomplexes aus dem Spital in Bad Windsheim, Franken, Nahe Nürnberg. Beschreibt Funde aus dem fränkischen Raum um Nürnberg, wie Schuhe, Drechslerware, Glas, Keramik usw.
3926982381 (German).
 

<< Zurück zu anderen Gegenständen in dieser Kategorie