Küche und Haushalt - Optisch geblasener Rippenbecher

(2. H. 15. Jhd)

Im späten Mittelalter sind Gebrauchsgläser im städtischen Umfeld weit verbreitet, und lassen sich sowohl in Bürgerhäusern, als auch in Wirtshäusern nachweisen. Dies steht vor allem der früher weitverbreiteten Irrmeinung entgegen, nach der Gläser im Mittelalter generell eher als Luxusgegenstand anzusehen sind. Tatsächlich tauchen Gläser im täglichen Gebrauch ebenso in der Tafelmalerei häufig auf, und auch im Nürnberger Raum wurde viel Glas hergestellt, um den starken Bedarf zu decken. Gerade städtische Fundkomplexe weisen eine Vielzahl an Glasfragmenten unterschiedlicher Form auf, bei der insbesondere die oft fälschlicherweise pauschal als "Waldglas" bezeichneten grün gefärbten Scherben einen großen Anteil einnehmen.
Insbesondere mit aufgesetztem Dekor in Form von sogenannten "Nuppen", oder farbigen Fäden verzierte Gläser haben unser Bild vom mittelalterlichen Gebrauchsglas geprägt. Die so benannten "Nuppenbecher" stellen tatsächlich einen sehr großen Teil der Funde, was über ihren Nutzungszeitrahmen ihre weite Verbreitung und Gebräuchlichkeit anzeigt. Ebenso verbreitet im Fundgut sind sogenannte "Rippenbecher", benannt nach einer Verierzung in Form von parallel oder Kreuzförmig (-> Kreuzrippenbecher) verlaufenden Linien im Glaskörper. Diese werden mittels Blasen des heissen Glases in eine Holzform erreicht, weswegen man auch von "optisch geblasenen" Rippen-bzw. Kreuzrippenbechern spricht.
Über die Verbreitung und die zeitliche genaue Einordnung lässt sich leider nichts allzu genaues sagen, so vielfältig sind die Funde. Erstmalig tauchen Rippenbecher in Schichten des 14ten Jahrhunderts auf, und setzen sich bis in das 16te Jahrhundert fort. Spätere Typen weisen desöfteren eine konkave Wandung und Details wie aufgesetzte Halsfäden, oder angesetzte Füße, auf.

 

Vorlage

Optisch geblasene Rippenbecher mit Kreuz-oder Rillendekor sind in Fundkomplexen in ganz Europa vertreten, und können in Größe und Winkel der Wandung stark variieren. Bei dem hier gezeigten Becher handelt es sich wiederrum um eine Replik eines Fundes aus Böhmen. Typologisch entsprechende Becher finden sich u.a. im Rheinland und im Kölner Stadtmuseum. Weitere Becher unterschiedlicher Größe und Verzierung finden sich u.a. in dem Fundkomplex aus dem Bad Windsheimer Spital, Mittelfranken, bei Nürnbnerg, sowie in Nürnberg selber, z.B. im Kreuzgassenviertel, sowie im Altar der Marienkirche in Herzogenaurach.
(In unserem Besitz seit 08/2008 / Stand 10.02.2010)
 

Quellangaben

Funde aus dem Kreuzgassenviertel in NürnbergFunde aus den als Latrinen umgebauten Schächten aus dem Kreuzgassenviertel, genauer aus der Teilausgrabung Untere bis mittlere Kreuzgasse. Auf Grund von Baudaten und dendrochonologischer Datierung ist das Anlegedatum mit 1458 anzugeben, der Fundkomplex ist mehrheitlich in das späte 15te Jahrhundert und später anzzusiedeln (Baudaten, Chronologiedatierung, Keramikformenvergleich mit Parallelfunden aus Nürnberg)
Spätmittelalterliche Funde aus dem Spital in Bad WindsheimFunde aus dem Spital in Bad Windsheim, Franken, nahe Nürnberg. Schuhe, Keramik, Holzfunde, Glas usw., datiert auf das späte Mittelalter.
Rippenbecher, 15./16.JhdRippenbecher, 15./16.Jhd, Stadtmuseum Köln, Inv Nr. KSM HM 1928/337
Rippenbecher, SpeyerRippenbecher, Augustinerkloster Speyer, 15./16.Jhd
Rippenbecher mit konischer Wandung, HeidelbergVerschiedene Rippenbecher mit konischer Wandung, Heidelberg, Kornmarkt. 15-16.Jhd
Rippenbecher, HerzogenaurachRippenbecher, aus dem Altar der Marienkirche in Herzogenaurach, um 1500
Latrinenfunde aus FreiburgFunde (u.a. Holz) aus der Latrinengrube des Augustinerklosters in Freiburg
 

Empfohlene Literatur


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Der Windsheimer Spitalfund aus der Zeit um 1500
Walter Janssen, Verlag des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg
Beschreibung des spätmittelalterlichen Fundkomplexes aus dem Spital in Bad Windsheim, Franken, Nahe Nürnberg. Beschreibt Funde aus dem fränkischen Raum um Nürnberg, wie Schuhe, Drechslerware, Glas, Keramik usw.
3926982381 (German).
 

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