Kleidung - Einfache Lederschuhe

Schuhrekonstruktion nach einem Fund aus Schleswig
Detail des VerschlussesDetail der Sohle mit eingenähtem Streifen
(ca. 12 - 15 Jhd.)
Wie viele Modelle wendegenähter Schuhe, die aus den tausenden durch verschiedene Fundkomplexe erfassten Stücken erkennbar sind, hält sich das Modell mit umlaufender Beriemung sehr lange. So fallen in den Londoner Funden insbesondere im Fundgut des 13ten Jahrhundert alleine 30 Stück auf diesen Typus. Auch in den Funden aus dem nordeutschen Schleswig lässt sich eine breite Gruppe solcher Schuhe ausmachen.
Neben dem Gebrauch und der Konstruktion von Schuhen lässt sich am Fundgut jedoch eine weitere Information ablesen: Abnutzungsspuren, Flicken und Löcher geben Zeugnis von der besonderen Belastung und auftretenden Krankheiten der Besitzer.

Der mittelalterliche Schuh ist bis Ende des 15ten Jahrunderts wendegenäht, was bedeutet, dass das Oberleder mit der Sohle zunächst "auf links", das heisst, mit der Fleischseite nach aussen, vernäht wird, und anschliessend im feuchten Zustand gewendet wird. Resultierend ist die Naht innenliegend, was die Verbindung sehr robust macht. Nachteilig bei dieser Konstruktion, die erst ab ca. 1500 langsam durch die Rahmenbauweise abgelösst wird, ist, dass Oberleder und Sohle nur eine bestimmte Dicke aufweisen können, damit der Schuh noch gewendet werden kann. Jedoch konnten solche Schuhe mit zusätzlicher Sohle, oder Sohlenflicken (siehe z.B. Geschnürte Schuhe )ausgestattet werden, und wurden an entscheidenden Stellen, wie Ferse, oder Verschlüsse, mit weiteren Einsätzen verstärkt (siehe Detailbilder), was den resultierenden Schuh durchaus sehr stabil macht.
Anders als es noch bis vor wenigen Jahren in der Lehre zum Schuster vermittelt wurde, wurden im Mittelalter selbstverständlich sowohl linke, als auch rechte Schuhe produziert, und die häufig auf Leisten (die ebenfalls im Fundgut präsent sind) gefertigten Schuhe weisen teilweise auf einen hohen Grad an handerklichen Geschick seitens des Herstellers hin.
Die Anzahl der Schuhfunde, sowie weitere Quellen, sprechen trotz allem für einen hohen Verbrauch an Schuhen beim mittelalterlichen Menschen, und sowohl Flickschuster (der die kaputten Schuhe flickte), als auch Altmacher (der aus mehreren verschlissenen Schuhen neue herstellte) sorgten dafür, dass sich praktisch jeder Mensch Schuhe leisten konnte.
Je nach Geldbeutel konnten die Schuhe auch mit Durchbrucharbeiten (im 14ten: Durchbrochene Schnabelschuhe ), Verzierungen verschiedener Art (z.B. Stickereien) als auch Fütterung versehen sein.
 

Vorlage

Diese Rekonstruktion wurde nach einem Fund aus Schleswig angefertigt. Sehr ähnliche Schuhe finden sich in nahezu allen Fundkomplexen mit Schuhen, unter anderem London, Konstanz und in Südhessen über einen sehr breiten Zeitraum.
(In unserem Besitz seit 01/2003 / Stand 26.11.2009)
 

Quellangaben

Ausgrabungen in KonstanzAusgrabungen in Konstanz am Fischmark: Paternosterperlen, Reste von bearbeiteten Knochen, Holz-und Lederfunde
Schuhfunde aus SchleswigSchuhfunde aus dem mittelalterlichen Schleswig
LondonfundeTextil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
 

Empfohlene Literatur


. . .
. Die mittelalterlichen Schuhe aus Schleswig .
. .
. .
. . .
Die mittelalterlichen Schuhe aus Schleswig
Christiane Schnack, Wachholtz Verlag
Diese Beschreibung der Schuhfunde aus dem mittelalterlichen Schleswig bietet für den an Replikation und Handwerk interessierten Darsteller gut kompremierte Informationen über die Befundlage, und glänzt mit zahlreichen S/W Bildern der Funde, die einen Nachbau in vielen Fällen einfach werden lässt. Neben den Werken aus der Londonreihe stellt dieses gerade für deutschen Boden und die norddeutsche Region ein wesentliches Standardwerk zum Thema dar.
3529014605 (German).
 

. . .
. Dress Accessories, c.1150-c.1450 .
. .
. .
. . .
Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German).
 

. . .
. Textiles and Clothing , C.1150-C.1450 .
. .
. .
. . .
Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German).
 

<< Zurück zu anderen Gegenständen in dieser Kategorie