(ca. 1340 - 1450)
Da die mittelalterliche Kleidung, anders als heutzutage, keine eingearbeiteten Taschen besaß, wurden im Bedarfsfalle neben verzierten Taschen wie etwa einem Almosenbeutel , auch andere Taschen getragen.
Jagd-und Gürteltaschen erfreuten sich besonders ab dem Spätmittelalter besonderer Beliebtheit, wobei diese scheinbar beinahe ausschliesslich von Männern getragen wurden.
Als Zeichen der Wehrhaftigkeit und des Stolzes wurde dazu auch desöfteren ein Dolch getragen, der, hinter die Tasche geschoben, und frontal am Körper getragen, mit der Tasche als Phallussymbol auch männlichen Stolz transportiert haben könnte.
Am Gürtel getragene Taschen sind vor dem 13ten Jahrhundert nur schwer nachweisbar, und erst gegen Mitte des 14ten Jahrhunderts scheint sich die allgemeine Mode bei Männern einzubürgern, eine solche, oft verbunden mit oben erwähntem Dolch, z.B. einem Nierendolch , am Gürtel zu tragen.
Besitzen die frühen Taschen noch eine halbrunde D-Form, tauchen gegen Anfang des 14ten Jahrhunderts vermehrt Taschen mit stärkerer Betonung der seitlichen Geraden auf. In Nordfrankreich, und mit Einfluss auf England, ist ab ca. 1340 ein neuer Typus mit trapezoider Form zu erkennen, dessen Verwendung aber lange Zeit hauptsächlich auf England und Frankreich begrenzt wird.
Parallel enmtwickelt sich, mit erstmaligem Auftauchen gegen Mitte des 14ten Jahrhunderts, eine Variante der D-Form mit eingeschnürtem Bauch (vergl. Funde aus Amsterdam), die sogenannte "Nierenform", die sich im späten Mittelalter allgemeiner Beliebtheit in ganz Europa erfreut.
Im ausgehenden Mittelalter entwickelt sich schliesslich eine ungeheure Vielfalt an Taschen, bei der nur wenige Merkmale eingegrenzt werden können. Spitz zulaufende D-Formen, Trapzoide mit mehr oder weniger ausgeprägten Beulen, Nierenförmige Taschen mit Futteralen für Wachstäfelchen, kleinen Beuteln, Punzierungen, Beschlägen zeugen von einer breiten Vielfalt an Taschen individuellen Geschmacks.
Dieses Exemplar wurde, ähnlich wie die andere Gürteltasche , auf Basis eines Fundes aus Dover gefertigt, besitzt aber anders als die andere Tasche die Originalmaße. Das Leder für die Tasche wurde mit Essig und Eisen schwarz gefärbt. Die Fütterung besteht aus mit Indigo und Reseda grün gefärbter
Seide
. Auf dem Taschendeckel ist ein "A" (für "Amor vincit omnia" - "Liebe besiegt alles", unser Motto) einpunziert, die Schnalle, ein Abguss eines Fundes aus Deutschland, ist wie auch das Schnallenblech und der Riemenendbeschlag aus Messing gefertigt, letztere beide sind mit einer ausgefeilten Lilie verziert, passend zu dem
Scheibendolch
und dem Gürtel mit Messing-und Zinnbeschlägen .
Anders als die andere Gürteltasche , ist bei diesem Exemplar der schliessende Riemen an der Rückseite angenäht, und nicht an der Vorderseite intern, eine alternative Rekonstruktionsart, die auf Basis von Funden aus London, Konstanz und anderen fragmentarischen Kleinfunden gewählt wurde.
Tasche gefertigt von Klaus Öchsler und Anne Hainz, Beschläge von Jens Börner.
(In unserem Besitz seit 04/2007 / Stand 18.11.2007)
Luttrell Psalter
Der Luttrell-Psalter, ein ca. 1330-45 in England entstandendes Psalmbuch, ist mit eine der wichtigsten, wenn auch sicher englischen Quellen für Kleidung und Werkzeuge der arbeitenden Bevölkerung im frühen 14ten Jahrhundert.
Londonfunde
Textil-, Metall-, Buntmetall-, Holz-, Leder und Schuhfunde aus dem Hafenbecken von London
Alexanderroman
Der Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern (aus der Hand des flämischen Illustrators Jehan de Grise und seiner Werkstatt) entstanden, enthält Verse in französischem (picardischen) Dialekt und (ab 1400) Englisch über "Romance of the Good King Alexande" (über Alexander den Grossen), sowie illustrierte Berichte über die Reisen Marco Polos. Es stellt eine hervorragende Quelle für französische Mode um die Mitte- genauer der ersten Hälfte der 40ger Jahre- des 14ten Jahrhunderts dar.
Lederfunde aus Dover
Leaderfunde aus einem Brunnen in dover Castle, England, Taschen, Gürtel, Schuhe und diverse andere Fragmente aus dem 13ten bis 16ten Jahrhundert
Ausgrabungen in Konstanz
Ausgrabungen in Konstanz am Fischmark: Paternosterperlen, Reste von bearbeiteten Knochen, Holz-und Lederfunde
Chroniques de France ou de St. Denis
Illumination Chroniques de France ou de St. Denis, Royal 20 C. VII (spez. Fol. 44v.), Ende 14tes Jahrhundert, Frankreich, mit typisch nordfranzösischer Mode der Zeit
Roman de la Rose
Handschrift des französischen Roman de la Rose (ab 13.Jhd, Hier: Folianten um 1350-60). Der Roman de la Rose ist ein Versroman mit zentralem Minnethema und eines der wichtigsten Werke der französischen Literatur des Mittelalters. Er ist in zahlreichen Manuscripten von 1250 bis 1500 erhalten, und wurde auch später noch gedruckt. Damit hatte er einen massiven Einfluss auf die französische Literatur. Die zahlreichen Miniaturen der einzelnen Manuskripte machen diese zu einer hevorragenden ikonographischen Quelle des französischen Mittelalters. Mehr unter
Wikipedia
Taschenfunde aus Dortrecht
Taschenfunde aus Dortrecht, Niederlande, 14-17.Jhd
Medieval Rural Life in the Luttrell Psalter
Janet Backhouse, University of Toronto Press
Der Luttrell-Psalter, ein ca. 1325-45 entstandenes Psalmbuch des Geoffrey Luttrell, weisst eine für den betreffenden Zeitraum ungeheuer reiche Sammlung an Bildern des ländlichen Lebens und der arbeitenden Bevölkerung auf. In diesem Buch analysiert Janet Backhouse Werkzeuge und Methoden des betreffenden Zeitraumes anhand der farbigen Auszüge aus dem Psalmbuch.
0802083994 (German)
Dress Accessories, c.1150-c.1450
Geoff Egan, Frances Pritchard, Boydell Press
Aus der Reihe "Medieval Finds from Excavations in London" bietet dieses Buch einen faszinierenden Überblick über die Funde mittelalterlicher Gürtel, Schnallen, Nadeln und anderer Accessoirs aus dem Hafen von London.
0851158390 (German)
Textiles and Clothing , C.1150-C.1450
Elisabeth Crowfoot, The Boydell Press
Das Buch zu den Textilfunden aus dem Hafenbecken von London aus der Reihe der Londonfunde bietet neben der Analyse der Textilien interessante Details zur Textilindustrie speziell des 14ten Jahrhunderts in England, und stellt auf Grund der detaillierten Auswertungen der Verarbeitungstechniken, Materialien und Färbungen eine Pflichtlektüre für hoch-und spätmittelalterliche Textilrekonstruktion dar.
1843832399 (German)
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