Lager und Einrichtung - Laterne

Laterne aus Kupfer mit Hornplatte nach einem Fund aus Smithfield, England
Ansicht der offenen LaterneDetail der Durchbrüche
(1350 - 60 (und später))

Das Mittelalter wird oft in der Literatur und den Medien "die dunkle Zeit" tituliert. Tatsächlich bedeutete Licht lange Zeit ein Luxus, was sich auch in eben diesen Wort niederschlug (von Latein "Lux"), da Kerzen aus Wachs teuer waren, und die Alternativen Kienspäne und Talglampen nur ein spärliches Licht lieferten, oder eben genausogut der Ernährung dienen konnten (Talg = Fett). Somit wurde der Tagesablauf des mittelalterlichen Menschen auch durch das Tageslicht geregelt: man stand mit den Hühnern auf, und ging ins Bett, sobald es dunkel war. Erst mit dem Entstehen der grossen Städte und der Spezialisierung einzelner Berufszweige, die eine Berufsausübung über die Dämmerung hinaus nötig machten, wurden stetige, stabile Lichtquellen zunehmend für das Bürgertum wichtig. Während einige Zünfte in den Städten die Arbeit nach dem Einbruch der Nacht verboten, benötigten Berufe wie Goldschmiede, Schuster, Abfallbeseitiger ob Terminarbeiten und ihrem Gewerbe spezielle Beleuchtung, die unter anderem zur Erfindung der Schusterkugel führten. Büttel benötigten für die Wache zuverlässige Lichtquellen, und einige Städte verzeichneten auf den verschlammten Strassen so viele Unfälle, dass sie schliesslich den Besitz von Laternen für die Bürger vorschrieben, und teilweise Straßenbeleuchtungen eingeführt wurden: so wurde 1318 in Paris ein Gesetz erlassen, dass einen Bürger sowie Helfer dafür entlohnte, nach der Abenddämmerung auf Höhe des erstern Stockes Laternen an den Häusern mit Kerzen zu bestücken, und diese bis 2 Uhr Nachts brennen zu lassen.

Laternen wurden aus Holz, Buntmetall und Stahl gefertigt. Gemälde aus dem späten 15ten Jahrhundert zeigen nahezu durchgehend gerundete, stabile, leicht durchsichtige Fenster, die auf den Einsatz von dünnen Hornscheiben schliessen lassen, während Pergament sich nach unseren Informationen nicht eindeutig nachweisen lässt.
Leichte Holzkonstruktionen, oder mit Durchbrüchen verzierte Laternen konnten umgehängt werden, um z.B. bei Patrouillen die Umgebung zu beleuchten.

Andere Variante: Laterne.
Weitere Lichtquellen: Kienspäne, Kerzenleuchter, Windlicht, Talglicht, Talglicht mit Standfuß, Talghängelampe

 

Vorlage

Laternen als Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind hauptsächlich aus Abbildungen und Gemälden nachweisbar, mit Ausnahme weniger Funde. Klar erkennbare regionale Ausführungen sind, mit Ausnahme einer relativ frühzeitigen Nutzung von Glas in Italien, unseres Wissens nach nicht gesichert. Erhaltene Examplare (Mary Rose Schiffsfund, frühes 16tes Jahrhundert, Smithfield, 14tes Jahrhundert, Lübeck, 15tes Jahrhundert, Schweden, 14tes und Dänemark, 15tes Jahrhundert), Abbildungen aus dem Spätmittelalter, sowie etymologische Hinweise (z.B. der Name des Laternenmachers in der Mendelschen Zwölfbruderschrift, ca. 1420, "Hornrichter", "lanthorn", Bezeichnung für Laternen im 16ten Jahrhundert), und Vergleiche mit späteren Exemplaren legen dünne Hornplatten als Material für die transparenten Elemente nahe.

Diese Laterne wurde nach Originalen aus Smithfield, England, nun im Museum von London, gefertigt.
Sie besteht aus getriebenen und verlöteten Kupferblech, und gespaltenem und poliertem Horn.
Die Originale wiesen nur Befestigungen für eine Tür auf, diese wurde jedoch nicht geborgen, Parallelen weisst die sogenannte Laterne des Erzbischofs Absalon im Nationalmuseum Kopenhagen auf (Messing, 14tes Jhd.)
Die Tür des vorliegenden Exemplars, und einige Details, wurden im Vergleich mit verschiedenen Gemälden und zeitgenössischen Abbildungen angefertigt. Auch in spätmittelalterlichen Gemälden sind öfters Laternen in Kupfer dargestellt, weswegen von einem längeren Gebrauch dieser Form auszugehen ist, wobei gegen Ende des 15ten Jahrhunderts und mit dem 16ten Jahrhundert breitere Laternenformen überwogen zu scheinen haben.
Weitere Laternenformen in Darstellungen scheinen einen Lampenkorpus aus Holz, mit einer Kuppel aus Metall aufzuweisen, andere wiederrrum sind vermutlich aus Eisen gefertigt gewesen (-> Stahllaterne)
Laternenfund aus Smithfield, England
(In unserem Besitz seit 03/2006 / Stand 24.11.2011)
 

Quellangaben

Laterne des Erzbischofs Absalons, 14. JhdSogenannte "Laterne des Erzbischofs Absalon", Nationalmuseum Dänemark, Kopenhagen, 14tes Jahrhundert. Messing mit Verzärkungsbändern, erhaltene Tür, Hornplatte nicht erhalten, Kerzenhalter aus Eisen, vermutlich abnehmbarer Tragegriff fehlt.
Folio 437v der Bible Historiale (BNF Fr. 152)Folio 437v der Bible Historiale (BNF Fr. 152), Festnahme Jesu. Französische Nationalbibliothek, Paris, 14tes Jahrhundert
Das Leben von St. Louis (BNF Fr. 5716)Folio 345, Das Leben von St. Louis (BNF Fr. 5716), französische Nationalbibliothek, Paris, ca. 1330-40
Luttrell PsalterDer Luttrell-Psalter, ein ca. 1330-45 in England entstandendes Psalmbuch, ist mit eine der wichtigsten, wenn auch sicher englischen Quellen für Kleidung und Werkzeuge der arbeitenden Bevölkerung im frühen 14ten Jahrhundert.
AlexanderromanDer Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern (aus der Hand des flämischen Illustrators Jehan de Grise und seiner Werkstatt) entstanden, enthält Verse in französischem (picardischen) Dialekt und (ab 1400) Englisch über "Romance of the Good King Alexande" (über Alexander den Grossen), sowie illustrierte Berichte über die Reisen Marco Polos. Es stellt eine hervorragende Quelle für französische Mode um die Mitte- genauer der ersten Hälfte der 40ger Jahre- des 14ten Jahrhunderts dar.
Laternenfunde aus Smithfield Laternenfunde aus SmithfieldLaternenfunde aus einer Kupferlegierung aus Smithfield, einem Stadtteil von London, und früherer Fleischmarkt, England, nun im Museum of London, datiert auf Mitte des 14ten Jahrhunderts.
Mary RoseFunde an Bord eines ca. 1545 gesunkenen Schiffes des frühen 16ten Jahrhunderts,der Mary Rose.
Erhaltene Messinglaterne, 15. JhdMessinglaterne mit Holzgriff, Schweden, 15. Jhd., schneckenartig geriffelte Kalotte, Türchen mit nicht erhaltenem Hornfenster; Nationalmuseum Schweden in Stockholm (unsicher)
Pariser StadtverordnungenVerordnung durch Philipp V. von Frankreich, in: Dictionaire historique des arts, métiers et porfessions, exercés à Pairs depuis le trezième siècle, A. Franklin, Paris/Leibzig, 1906
 

Empfohlene Literatur


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Lamper, stager og kroner fra middelalder og renæssance
Niels-Knud Liebgott, Nationalmuseet Dänemark
Schöne Arbeit über verschiedene Lichtquellen, insbesondere des späten Mittelalters
 (German)
 

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. Medieval Rural Life in the Luttrell Psalter .
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Medieval Rural Life in the Luttrell Psalter
Janet Backhouse, University of Toronto Press
Der Luttrell-Psalter, ein ca. 1325-45 entstandenes Psalmbuch des Geoffrey Luttrell, weisst eine für den betreffenden Zeitraum ungeheuer reiche Sammlung an Bildern des ländlichen Lebens und der arbeitenden Bevölkerung auf. In diesem Buch analysiert Janet Backhouse Werkzeuge und Methoden des betreffenden Zeitraumes anhand der farbigen Auszüge aus dem Psalmbuch.
0802083994 (German).
 

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. The Medieval Household: Daily Living C.1150-c.1450 (Medieval Finds from Excavations in London) .
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The Medieval Household: Daily Living C.1150-c.1450 (Medieval Finds from Excavations in London)
Geoff Egan, The Stationery Office Books
Hervorragendes Buch, dass die zahlreichen Funde aus London mit zeitgenössischen Funden aus ganz Europa, sowie Text-und Bildquellen in Zusammenzhang bringt, und ein Bild der Ausstattung eines Haushaltes im 14ten Jahrhundert zeichnet.
0112904904 (German).
 

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Die Nacht im Mittelalter
Tzotcho Boiadjiev, Barbara Müller, Königshausen & Neumann
Schöner und gut zu lesender Einblick in die mittelalterliche Glaubens-und Denkenswelt bezüglich der Nacht, wie auch den praktischen Umgang mit all den verbundenen Aspekten der Soziologie wie Arbeit, Kriminaliät, Gesundheit usw.
3826023862 (German).
 

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